The Ingredient

Sie balanciert Fett, Salz, Zucker, Bitterkeit und Schärfe aus und hat eine magische Wirkung auf eiweißreiche Lebensmittel – wer es versteht, Säure richtig einzusetzen, wird für kulinarische Überraschungen am Tisch sorgen.

ESSIG, DER SAFT VON ZITRUSFRÜCHTEN,

Wein, Tomaten, Beeren, Essiggurken, fermentierte Lebensmittel wie Käse, Kimchi, Miso, Joghurt, Sauerrahm oder Topfen – all diese Zutaten verfügen über einen pH-Wert von unter 7, weshalb sie als sauer gelten. Saure Lebensmittel lassen einem im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser im Mund zusammenlaufen, da sie die Speichelproduktion anregen. Während der Vorbereitung schützt die Säure rohes, in Scheiben geschnittenes Obst, bei der Zubereitung von Marmeladen dient sie als Geliermittel. Beim Kochen von Gemüse und Hülsenfrüchten hingegen verlängert sie die Garzeit. Deshalb wird Säure diesen Zutaten erst beigegeben, wenn der Kochvorgang abgeschlossen ist.

„Genau wie beim Kochen mit Fett kann Säure einem Gericht eine ganz neue Richtung geben. Lassen Sie sich daher bei der Entscheidung, welche Sie verwenden, von Region und Tradition leiten.“

Samin Nosrat, Köchin und Autorin von „Salz. Fett. Säure. Hitze.“

Kochen ohne Herd

Bei der Verwendung von tierischem Eiweiß ist es sehr wichtig zu wissen, wie man mit säurehaltigen Zutaten umgeht. Jeder, der schon einmal Joghurt in einen sauren Eintopf gerührt hat, weiß, was dabei mit Kasein oder Milcheiweiß passiert: Es gerinnt. Um das zu verhindern, werden proteinreiche Milchprodukte – mit Ausnahme von Butter und Schlagobers – einem Gericht, das Tomaten, Wein etc. enthält, erst kurz vor dem Servieren beigefügt. Die Eigenschaft von Säure, Eiweiß zu denaturieren, muss auch bei Rezepten mit Fisch und Fleisch berücksichtigt werden. Ein Stück roher Fisch verwandelt sich in erfrischendes Sashimi, wenn es mit ein paar Tropfen Limettensaft beträufelt wird. Und wenn die Säure ihre Wirkung noch ein bisschen länger entfaltet, wird die Struktur dichter und damit auch bissfester – ideal für Ceviche. Würde man jedoch ein Fischfilet, das auf diese Weise denaturiert wurde, braten oder kochen, würde es schnell zu trocken werden. Deshalb sollte Fisch nur kurz gesäuert werden, bevor er in die Pfanne kommt. Übrigens: Wird zähes Fleisch lange in Wein, Dosentomaten oder Buttermilch eingelegt, werden dadurch seine Kollagenfasern zersetzt und der Braten zergeht anschließend geradezu auf der Zunge.

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