Manchmal liegt auch für die Großen wahre Schönheit in den kleinen, einfachen Dingen. Für Luciano Giubillei zum Beispiel: „Ein Gemüsegarten kann eine ganz eigene Intensität entfalten“, erklärt er. „Die Gartenarbeit hat etwas Methodisches, gleichzeitig aber auch etwas Kontemplatives. Ein tiefes Gefühl von Freude, Frieden und Stille entsteht.“ Für den Landschafts- und Gartenarchitekten ist das Sinnsuche pur und Ausdruck für die leise Melancholie, die in seiner Arbeit mitschwingt. Magische Orte ziehen ihn an. Ein Energieaustausch auf der feinstofflichen Ebene.
Luciano Giubbilei gehört zu den renommiertesten Landschafts- und Gartenarchitekten der Welt. Das Geheimnis seines Erfolges liegt in der poetischen Ästhetik seiner Projekte, im Dialog mit Menschen, die ihn inspirieren. Und in der Entdeckung der Langsamkeit.
Die Kraft der Rituale und Wiederholungen
So ein magischer Ort ist für ihn die Toskana, seine Heimat mit unverwechselbaren Gerüchen, Farbnuancen, Tönen. Denn Luciano ist in Siena geboren, Architektur und das Lichtspiel der Natur haben seit frühester Jugend einen prägenden Einfluss auf ihn. Und seine Großmutter, bei der er aufwächst und die ihm die Wertschätzung von Einfachheit und Anmut beibringt. Sie lehrt ihn auch, welcher ruhige Fluss in Ritualen und Wiederholungen liegen kann, ein Thema, das ihn in seiner Arbeit immer wiederbegleitet.
Schöne Anmut und Einfachheit
2018 vollendet Luciano Giubbilei im Val D’Orcia in der Toskana ein wunderschönes Landschaftsprojekt – eine Einheit aus einheimischen, traditionellen und zeitgenössischen Einflüssen, die sich mit den Gegebenheiten der Landschaft harmonisch verbinden. Es ist ein historisches Weingut mit großem Gemüsegarten. Hainbuchenhecken geben ihm den Rahmen, eine Pergola aus Glyzinien und Rosen bildet die Mittelachse, fließendes Wasser in einem Brunnen fügt Klang und Lichtreflexionen hinzu. Dazwischen Gemüsebeete, die mit Blumen durchsetzt sind und auf die Tradition englischer Gemüsegärten und mittelalterlicher Klosteranlagen zurückgreifen.
Ein instinktiver und kreativer Prozess
Ein Spiel von Licht und Schatten, geografische Strukturen von Wiederholung und Variation und ein Bewegungselement, das dem Garten seine persönliche Note verleiht: Für Luciano Giubbilei ist die Entstehung eines Gartens ein intensiver Prozess, der an das Malen eines Bildes erinnert oder an das kreative Schreiben eines Sonetts. Wenn der Designer mit der Gestaltung beginnt, verbringt er viel Zeit vor Ort, um erst einmal abzuwarten und zu zuhören. Welche Form wird der Raum einnehmen? Welche Verbindung entsteht und welche Resonanz? „Ein instinktiver Prozess“, sagt er, „ein bisschen so, als würde man einen Menschen kennenlernen.“
Das Resonanzprinzip
Doch der gebürtige Italiener, der an der Inchbald School of Design in London studierte und dort 1997 sein Designstudio gründete, hört nicht nur auf seine innere Stimme. Auch der Dialog mit anderen Menschen, der Austausch mit Künstlern, Malern und Dichtern sind für ihn eine wichtige Inspirationsquelle. Er sei immer auf der Suche nach neuen Denkrichtungen, nach neuen Einflüssen, sagt er und erklärt: „Ich brauche die Reflexion, den Austausch, das Korrektiv. Ein großer Teil meines kreativen Prozesses entsteht durch den Dialog mit anderen Menschen und durch den Dialog mit der Landschaft selbst.“
Inspiration entsteht durch Austausch
Vor diesem Hintergrund ist auch sein aktuelles Projekt auf Mallorca zu verstehen, ein Herzensprojekt, das 2017 entstanden ist. Luciano Giubbilei hat in einer ehemaligen Töpferei in Son Servera ein Künstlerkollektiv gegründet. „Es ist eine Art Atelier, um zu experimentieren und sich auszutauschen“, erklärt er. „Ich möchte Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten zusammenbringen und jene fördern, die noch nicht so bekannt sind.“ Kreatives Denken und Inspirieren – das sei die Essenz, die Design, Gartendesign weiterentwickelt und immer wieder auf ein neues Level hebt.
Perfektion mit einem Hauch von Lebendigkeit
Es ist eine lange Beziehung, die daraus wachsen kann. Und die kein richtiges Ende hat. Denn die Entstehung eines Gartens ist für Luciano Giubbilei ein organischer Prozess, der wächst und sich verändert und der immer wieder der Anfang von etwas Neuem ist. Im Grunde sei Gärtnern Arbeit mit organischer Materie, sagt er. Die Lebendigkeit, die man überirdisch sieht, hat ihren Ursprung unter der Erde. Es ist zu seinem Markenzeichen geworden, die Perfektion seiner Gartenarchitektur immer wieder durch Lebendigkeit, durch Bewegung zu durchbrechen. Unzählige Auszeichnungen und Preise hat er gewonnen, indem er strenge Heckenarchitektur, Sträucher, Pflanzen und Skulpturen mit Blumen und sogar mit Gartenkräutern zu einer organischen Einheit verbindet. Es entstehen Projekte an Orten, zu denen Luciano eine langfristige Beziehung unterhält. Eine Beziehung für die Ewigkeit.
FOTOS — SALVA LOPEZ, ANDREW MONTGOMERY
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