Puristische Schönheiten

Eine bauchige Vase, deren Korpus sich nach oben hin verfüngt, der knallblaue Krug mit der geometrischen Griffform, schlichte Schalen, die in Struktur und Farbe an das ewige Eis erinnern – wer hätte gedacht, dass die Entwürfe für diese skandinavisch anmutende Keramik auf eine toskanischen Bauernhof entstanden sind. Doch genau dort, in den Bergen von Pistoia, lebt und arbeitet Britta Herrmann. In ihrem Studio, mit Blick auf ihren Olivenhain und die herumtollenden Haustiere, bringt die Designerinerste Skizzen für ihr Keramik-Label MANI aufs Papier. Das Ergebnis spiegelt ihre nordischen Wurzeln und die lebhafte „arte di vivre“ der Toskana wider. „Ich bin ein sehr klarer und direkter Typ und habe ein großes Bedürfnis nach Ordnung. Das Verrückte ist, dass ich hier unter Umständen lebe und arbeite, die sehr gegensätzlich zu diesem Teil meiner Persönlichkeit sind“, sagt sie und fährt fort: „Hier sind Alltag und Menschen oft auf eine liebenswerte Art chaotisch. Man genießt das Leben, nichts ist getaktet. Ich spüre weniger Druck und Konventionen. Ich denke, diese Zufriedenheit ist ebenso inspirierend für mich, wie die Architektur oder Natur, die mich hier in Italien umgeben.“

Ebenso wichtig wie ihre Inspirationsquellen ist der Auswanderin die handwerkliche Expertise der regionalen Keramikhandwerker für die Realisierung ihrer Projekte – dies verdeutlicht auch der Label-Name MANI. Das italienische Wort bedeutet übersetzt „Hände“, denn es braucht Fingerfertigkeit, um aus den Ideen der 49-Jährigen eine ganze Keramikkollektion für den Handel anzufertigen. „Die Produktion jedes einzelnen MANI-Produktes beginnt mit einer händischen Skizze. Anschließend arbeite ich mit sehr erfahrenen Formenbauern an der Erstellung eines Prototyps“, erklärt Britta Herrmann und schmunzelt denn genau an dieser Stelle trifft Tradition auf Moderne. Das kann eine Herausforderung für beide Beteiligten werden. „Wenn ich meinen Entwurf einem der erfahrenen, älteren Keramikhandwerker zeige, ernte ich öfter mal ein Kopfschütteln. Dann ringen wir ein bisschen hin und her und ändern manchmal auch den Entwurf während der Arbeit am Prototyp. Wenn am Ende ein sehr schönes, zeitgenössisches Keramikmodell vor uns steht, sehe ich oft auch Stolz in den Augen des skeptischen Mitarbeiters“, erzählt sie. Die Quereinsteigerin in die Keramikbranche weiß das Know-how und Können der Handwerker sehr zu schätzen. Nicht selten benennt sie ein Produkt nach dem Mann, der es mit seinen Händen zum „Leben“ erweckt hat.

„Für mich war der Einblick in die Keramik-Manufakturen und der Austausch mit den Handwerkern wie eine Art Schlüsselerlebnis zu Beginn meiner Zeit in der Toskana“, erinnert sie sich. Kein Wunder, denn von Hand gefertigte Keramik hat in der Region circa 50 km im Norden und Westen von Florenz eine jahrhundertealte Tradition. In den vom Ton staubigen Werkstätten in Montelupo bündeln sich noch heute das Wissen und die handwerkliche Fähigkeit zahlreicher Generationen. „Ich habe dort sehr viel über das Material, die Bearbeitungstechniken und Gestaltungsmöglichkeiten gelernt und entschieden, dass ich meine Designs auf diese Art und Weise herstellen möchte“, erzählt sie.

Auch die neue Kollektion „Circle“ wurde mit Hand und Herz produziert. Wieder liegt der Fokus auf handschmeichelnden Oberflächen, perfekten Glasuren und einer geometrischen Form. „Ich wollte zu den geraden Linien meiner Kollektion den Kreis hinzufügen und etwas femininer werden“, erklärt Britta Herrmann. Wie immer kommen viele Designs als ganze Produktfamilien in unterschiedlichen Größen daher. Jedes davon ist ein puristisches Unikat und funktioniert auch solo als Hingucker, egal ob im modernen Loft oder auf einer Speisetafel im Bauernhaus. „MANI soll bezahlbar, zeitlos und dennoch kunstvoll sein. Wenn meine Designs die Wohnung verschönern und auch im Alltag genutzt werden, habe ich genau das erreicht, was ich mir wünsche.“

Mit zarten Naturtönen, handgemalten filigranen Streifen und der besonderen Silhouette zieht die Vase „Otto“ auch ohne Blumen alle Blicke auf sich.