Er ist ein Künstler in der Küche, aber auch ein begeisterter Alpinist, Mountainbiker und Freerider.

Spitzen-Koch Markus Sämmer hat in den besten Küchen Münchens gearbeitet, doch das wahre Glück liegt für ihn im minimalistischen Camping-Lifestyle – in den Alpen ebenso wie in Australien. Am liebsten kocht er irgendwo in der Wildnis unter dem Sternenhimmel. Er verwendet nur, was die Natur zu bieten hat und was er selbst angebaut, gesammelt, geangelt oder erlegt hat.

„Für mich besteht Kochen aus Handwerk, Intuition und Inspiration.“

Nur wenige Meter von seinem Wohnmobil entfernt knistert das Feuer; die Flammen kreieren ein Spiel aus Licht und Schatten vor der Kulisse der Ammergauer Alpen. In den kräftigen Händen von Markus Sämmer wirkt das große japanische Santokumesser wie ein zartes Tranchierbesteck. Die Ärmel seines karierten Hemdes sind hochgekrempelt und seine kräftigen Unterarme lassen erahnen, dass dieser Mann so ziemlich alles in den Griff bekommt. Mit beeindruckender Leichtigkeit und viel Feingefühl tranchiert er im Licht seiner Stirnlampe die Forelle, die wir an diesem Nachmittag aus der Ammer gezogen haben.

Während Pasta aglio e olio mit Parmesan für viele der Höhepunkt kulinarischer Raffinesse in der Kochnische ihres Wohnmobils sein mag, liebt der Outdoor-Koch die Herausforderung der spartanischen Kochnische in seinem Van. „Meiner Meinung nach besteht die Kunst guten Kochens darin, aus lokalen Lebensmitteln exotische Gerichte zu kreieren. Selbst wenn die Küche winzig ist.“ Eines seiner Lieblingsgerichte, Ceviche von der Regenbogenforelle, ist nur ein Beispiel dafür. Auf einem großen, fein gemaserten Eichenbrett schneidet Markus Sämmer den Fisch in große Würfel, mischt diese in einer Schüssel mit Limettensaft, Zwiebeln und Chili und stellt sie in den kleinen Kühlschrank seines Wohnmobils.

Gourmet-Küche und minimalistischer Camping-Lifestyle – Markus Sämmer

Das Fleisch wird dann im Ofen gegart, bis die ideale Kerntemperatur erreicht ist. Bei 48 bis 55 Grad ist das Steak rare, bei 56 bis 59 Grad ist es medium und bei 60 bis 62 Grad ist es well done. Wenn der gewünschte Gargrad erreicht ist, wird das Fleisch aus dem Ofen geholt und sollte dann einige Minuten ruhen. Tipp: Salz, Pfeffer und andere Gewürze sollten erst nach dem Garen hinzugegeben werden, damit das Fleisch seinen vollen Geschmack entfalten kann.

Wir blicken in die Flammen. Mit einem Glas Rotwein in der Hand sitzen wir auf einigen umgefallenen Baumstämmen und genießen die Ruhe. Das ist einer dieser Momente, in denen man das Gefühl hat, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Aus einem Korb holt Markus ein paar Johannisbeeren, die er am Morgen in seinem Garten am Ammersee gepflückt hat, und wäscht sie. Auch der Koriander, der bei einer perfekten Ceviche nicht fehlen darf, stammt aus seinem eigenen Garten. Ob gesammelte Wildkräuter und Pilze, Honig aus seinen fünf Bienenstöcken, Eier von seinen Hühnern, die selbst gefangene Forelle oder die selbst erlegte Wildente – bei Markus Sämmer landet kaum etwas auf dem Teller, was er nicht selbst beschafft hat. Obwohl der gebürtige Münchner auf unzähligen Reisen die Welt erkundet hat, hat er seine familiären Wurzeln am Ammersee nie hinter sich zurückgelassen. Viele Jahre lang kochte er in der Spitzengastronomie der bayerischen Hauptstadt – vom Hilton bis zum Dallmayr. Doch nachdem er jahrelang sechs Tage pro Woche 16-Stunden-Schichten gearbeitet hatte, sodass keine Zeit für seine Freunde blieb, hatte Sämmer endgültig genug von der Münchner Gastronomie. Er entschied, nach Australien zu gehen. Er machte sich mit seinem Wohnmobil auf den Weg nach Down Under, wo er surfen ging, das Outback erkundete und viel im Freien für sich und Gleichgesinnte kochte – und zwar aus Spaß und ganz ohne Druck. „Es fühlte sich nach absoluter Freiheit an“, sagt er rückblickend.

Zwischen Campingkocher und Sous-vide-Garen

Es ist auch diese Freiheit im Kopf, die ihn immer wieder zu neuen Kreationen inspiriert. Es ist die Kombination aus reichen Erlebnissen in der Natur und der Idee des Minimalismus, die sich in der kargen Wildnis verwirklicht: Das größte Glück besteht darin, mit wenig auszukommen und trotzdem nichts zu vermissen. Das wurde Sämmer 2011 bei einer Expedition in Peru bewusst, die ihn nachhaltig prägte: „Es war zweifellos meine größte Herausforderung als Bergsteiger und meine längste und extremste Auszeit in der freien Natur“, sagt er. Sechs Sechstausender haben er und sein Team in dieser Zeit erklommen und dabei die technisch schwierigsten bergsteigerischen Herausforderungen am Alpamayo gemeistert, darunter acht anspruchsvolle Seillängen im Steileis: „Expeditionen sind immer ein Drahtseilakt – auch in psychologischer Hinsicht.“

Immer im Hinterkopf: ein intaktes Ökosystem

Sämmer ist eindeutig ein Mann der Berge, aber auch ein leidenschaftlicher Angler: „Meinen ersten Fisch, einen kleinen Barsch, habe ich im Alter von vier Jahren zusammen mit meinem Großvater gefangen“, erzählt er. Auch heute noch fängt er sein Abendessen gern beim Fliegenfischen in einem Bergsee oder Fluss. „Bei einer Skitour mit Freunden auf den Lofoten hatte ich meine Angelrute dabei, und ich warf sie nach der letzten Abfahrt am Fjord aus.“ Die norwegische Küste ist bekannt für ihre reichen Kabeljaubestände. „Es ist in Ordnung, diese Salzwasserfische zu essen“, sagt er. Doch allgemein steht er der Überfischung der Meere äußerst kritisch gegenüber. „Es wäre unsinnig, in den Alpen Lachs zu essen, wenn man die besten Felchen, Saiblinge und Forellen aus nachhaltiger Fischerei direkt vor der Nase hat. Er verschwindet in seinem Wohnmobil, holt die fast fertige Ceviche aus dem kleinen Kühlschrank, gibt Johannisbeeren, etwas Öl, ein paar Sellerieblätter und etwas Koriander darüber, richtet alles auf Tellern an und reicht sie uns. Ein Gericht vom Spitzen-Outdoor-Koch unter freiem Himmel zubereitet – da hat man wieder das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ich glaube, man bezeichnet es auch als Glück.

Immer im Hinterkopf: ein intaktes Ökosystem

„Essen spielt eine sehr wichtige Rolle. Schließlich aktiviert es unser Belohnungssystem. Und das macht sich vor allem dann bemerkbar, wenn man gerade einen schwierigen Gipfel erklommen hat“, wie er aus eigener Erfahrung nur zu gut weiß. Die kreativsten Ideen für neue Gerichte hat er auf dem Rückweg, wenn er hypoglykämisch und völlig erschöpft ist. Belohnungsaufschub kann eine großartige Inspirationsquelle sein.
Und so wechselt Sämmer spielerisch zwischen minimalistischer Camping-Ausrüstung und Profiküchen in Spitzenrestaurants. Das ist sein Markenzeichen. „Für mich besteht Kochen aus Handwerk, Intuition und Inspiration“, erklärt er. Fragt man ihn nach seiner „Traumküche“, hat er ganz klare Vorstellungen: Es muss ein großes Kochfeld geben, im Idealfall gasbetrieben. Außerdem braucht er eine starke Dunstabzugshaube, am besten direkt über den Kochfeldern, einen großen Geschirrspüler, einen guten Backofen und ein erstklassiges Vakuumiergerät für seine liebste Zubereitungsart: das Sous-vide-Garen. „Bei frischen Zutaten ist das Sous-vide-Garen perfekt, da der Geschmack intensiver wird und Gemüse schön bissfest bleibt“, sagt er. Die Verbundenheit mit der Alpenregion, seine Liebe zum Sport in der Natur und seine Reisen nach Marokko, Norwegen oder Südamerika haben seine Art zu kochen in den letzten Jahren verändert – Sämmer arbeitet noch konsequenter mit Zutaten, die in der Region aus dem Boden sprießen und vor Ort aufwachsen. Statt des großen Kochabenteuers mit exotischen Früchten und exklusiven Fisch- oder Fleischvariationen bevorzugt er das kulinarische „Mikroabenteuer“ – ein Gaumenschmaus aus den vielen großartigen Lebensmitteln, die er direkt vor seiner Haustür findet. „Ich koche jetzt ‚bodenständiger’“. Es gibt mediterrane Einflüsse, aber auch die maurische Küche hat mich inspiriert.“

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