Die Franzosen wissen, wie guter Käse schmecken muss.
Häufig hat er einen monatelangen Reifeprozess hinter sich. „L’affinage“, wie die Käsereifung bei unseren französischen Nachbarn heisst, ist eine wohl dosierte Mischung aus traditionellem Handwerk und moderner Technologie. Und Hervé Mons ist der Taktgeber des guten Geschmacks. Von ihm haben wir uns die Philosophie der Käseveredelung erklären lassen.
Ein Königreich aus Käse
„L’affinage“, wie die Käsereifung bei unseren französischen Nachbarn heisst, ist eine wohl dosierte Mischung aus traditionellem Handwerk und moderner Technologie. Wir haben uns von Hervé Mons, dem Chef des Unternehmens, die Philosophie erklären lassen.
Früh am Morgen –
die Sonne schickt gerade ihre ersten Strahlen über die rauen Bergketten der Auvergne – schraubt sich der Kleinbus von Hervé Mons die Serpentinen hinauf. Er fährt schnell, rasend schnell. Fast hat man das Gefühl, in einem Formel-1-Wagen zu beschleunigen. Der Franzose lacht leise und beruhigt: „Keine Sorge, ich bin 20 Jahre lang Paris-Dakar gefahren.“ Paris-Dakar ist die härteste Wüstenrallye der Welt. Hervé Mons hat nicht nur sein Lenkrad fest im Griff: Mit Sicherheit und Feingefühl steuert er auch sein Käseimperium.
Wer ist Hervé Mons?
Er gehört zu den besten Affineuren Frankreichs. Sein Käse ist Gourmets auf der ganzen Welt ein Begriff. Weit über 100 Tonnen Käse lagern in seinen Kellern. Hervé Mons, 53, leitet mit seinem Bruder Laurent das „Maison Mons“. Die beiden mehrfach ausgezeichneten Affineure haben ein Käseimperium aufgebaut, das inzwischen über 20 verschiedene Länder beliefert und Geschäfte in Roanne, Lyon, Aix-en-Provence, London, Stockholm und Madrid hat. Abgehoben wirkt der naturverbundene Franzose deswegen noch lange nicht. In seiner raren Freizeit macht er am liebsten Crossrunning und fährt Mountainbike.
Diese Milch zu gewinnen ist harte Arbeit, Handarbeit.
An diesem Morgen ist Hervé Mons auf dem Weg zu einem seiner Milchlieferanten in den Bergen von Egliseneuve. In dieser abgeschiedenen Region hoch oben in den Bergen leben Josiane und Henri Bapt, die seit drei Generationen Salers züchten, eine alte französische Rinderrasse, bekannt für ihre schmackhafte Milch. Dem natürlichen Zyklus folgend, geben die Kühe erst Milch, wenn sie durch ihre Kälbchen stimuliert worden sind. Das passiert zweimal am Tag, sieben Tage die Woche in der Zeit zwischen April und November. 280 bis 300 Liter Milch kommen pro Melkvorgang zusammen, an die 40.000 Liter sind es pro Monat, was etwa 4.000 Kilogramm Käse entspricht. Tagsüber grasen die 60 Salers auf den saftigen Weiden der Region, während ihre Milch in einem Auffangbecken bei 33 Grad Celsius gerinnt, dann mit der Hand abgeschöpft, in runde Formen gedrückt und entwässert wird.
„Ohne einen exzellenten Rohstoff kann es keinen guten Käse geben.“
Hervé Mons kommt oft hierher, um sich mit seinen Lieferanten auszutauschen. „Ein enger, freundschaftlicher Kontakt untereinander ist wichtig“, findet er. Seine Philosophie: „Es sind die Milchproduzenten, die darauf Einfluss haben, wie ihre Tiere leben, was sie essen und damit auch darauf, wie die Milch schmeckt. Wir arbeiten mit 130 Rohmilchbauern in Frankreich und der Schweiz zusammen, die nach alter Tradition produzieren.“ Während er spricht, füllt er einen Schluck der noch dampfenden Milch in einen Becher und kostet: ein leicht süßliches, nach Honig und Nuss schmeckendes Aroma. Die Basis für den Saint-Nectaire fermier, den besonders aromatischen Rohmilchkäse dieser Region.
Jedes kleinste Detail in der Produktionskette ist wichtig
„Neben der Qualität der Milch und der Herstellung der Käse spielen die klimatischen Bedingungen während der Reifung eine wichtige Rolle“, erklärt er. Das Herzstück seines Unternehmens ist ein stillgelegter, 185 Meter langer Eisenbahntunnel, in dem in fünf grossen hölzernen Eisenbahnwaggons bei 94 Prozent Luftfeuchtigkeit und neun Grad Kälte an die 100 Tonnen Käse lagern. Und zum »Maison Mons« gehören drei solcher Tunnel. Über die Behandlung des Käses während der Reifung spricht Hervé Mons mit viel Emotion und Herzblut – fast so, als würde es um die Erziehung seiner Kinder gehen: „Um sich in Geschmack und Konsistenz optimal entfalten zu können, braucht jeder Käse eine ganz besondere Pflege“, sagt Mons. „Er muss sorgfältig mit Salzwasser abgerieben, gebürstet und gewendet werden. Zwei bis drei Millionen Mikroorganismen tummeln sich auf seiner Rinde. Es spielt eine Rolle, ob der Käse auf Holz lagert, auf Stroh, auf Papier oder auf Stein. All das beeinflusst seinen Geschmack, seine Aromen, die Konsistenz“, erklärt der Experte.
Mit allen fünf Sinnen
Gemeinsam mit seinen 28 Mitarbeitern beobachtet, begleitet und kontrolliert er den Prozess. Dabei werden alle Sinnesorgane beansprucht, selbst das akustische. Offensichtlich verrät ein Klopfen an der Rinde, in welchem Reifestadium sich der Käse befindet. Zwischen vier Monaten und drei Jahren dauert es, bevor die Käselaibe gereift sind und hübsch verpackt in den Feinschmeckertempeln der Metropolen landen.
„Wir investieren lieber in unsere Qualität.“
Die Qualität der Produkte hat das »Maison Mons« längst in der ganzen Welt bekannt gemacht - ganz ohne große PR-Maschine. „Wir brauchen sie nicht, wir investieren lieber in unsere Qualität“, sagt der Franzose, und ein Kranz von Lachfältchen überzieht sein Gesicht. „Die Mund-zu-Mund-Propaganda ist wesentlich effizienter“, freut er sich, was bescheiden und natürlich wirkt, obwohl er inzwischen zu den Global Playern der Gourmetbranche zählt. Darüber hinaus hat die persönliche Empfehlung zufriedener Kunden einen Synergie-Effekt, der ihm entgegenkommt: Der kommunikative Unternehmer liebt es, sich auszutauschen. Seine Fachkenntnisse teilt er gern mit anderen Käsespezialisten, Einladungen nach Japan und in die USA sind die Folge. Dort gibt er inzwischen regelmäßig sein Wissen zum Thema Käseveredlung weiter.
Ein göttliches Stück französischer Lebensart. Savoir-vivre eben.
Mons-Fromage in Saint-Haon-le-Châtel, das ist weit über die Grenzen Frankreichs hinaus ein klingender Name. Es ist die Welt der Käseveredlung, wie sie Gourmets zu schätzen wissen, und der 53-Jährige scheint der Taktgeber des exzellenten Geschmacks zu sein. Ein Comté, ein Reblochon, der in seinen Kellern gereift ist, hat mit einem Plastikkäse aus dem Supermarkt so viel gemein wie ein IKEA-Regal mit einer Maßanfertigung von Antonio Citterio.
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