Ob als Sale Marino, Lavasalz oder Fleur de Sel: Meersalz ist aus unseren Küchen nicht mehr wegzudenken. Schmeckt es besser als Steinsalz? Und wie wird es hergestellt?
So viel Salz gab es nie.
Jährlich werden weltweit über 200 Millionen Tonnen des weißen Goldes hergestellt. Nur ein verschwindend kleiner Bruchteil davon gelangt als Koch- oder Speisesalz in den Handel, der Rest wird gewerblich, medizinisch oder in der Kosmetikindustrie genutzt. Salzgewinnung aus dem Meer macht fast ein Drittel der Weltsalzproduktion aus. In hiesigen Küchen wurde Meersalz lange als Geheimtipp betrachtet. Heute bieten es Supermärkte in vielen Varianten an. Die meisten Produkte stammen aus dem Mittelmeerraum. Kein Wunder: Dort blickt man auf eine jahrtausendealte Tradition der Meersalzgewinnung zurück.
I. DIE HERSTELLUNG
Meerwasser enthält ungefähr 3,5 Prozent Salz. Um dem Meer das Salz zu entziehen, ist das richtige Klima von großem Vorteil, weil die Meersalzgewinnung durch Verdunstungsprozesse in sogenannten Salzgärten erfolgt. Trockenheit, Wind und Hitze sind die für die Produktion wichtigsten Voraussetzungen.
Dabei wird zunächst Meerwasser in flache, künstlich angelegte Teiche gepumpt. Durch Verdampfung steigt dort die Konzentration des im Wasser gelösten Salzes allmählich an. Die entstandene Lake fließt dann in ein Kristallisierungsbecken, wo die Restfeuchtigkeit im Salz entweicht. Anschließend werden die Salzkristalle abgeschöpft und zur weiteren Trocknung zu kleinen Hügeln aufgetürmt. Diese Art der Salzgewinnung war im Mittelmeerraum schon in der Antike bekannt. In Nordeuropa gab es eine andere traditionelle Methode, Salz aus Meerwasser zu gewinnen. Die Wikinger stellten Salz durch das Eindampfen von Nordseewasser her. Dazu hängten sie große Bottiche mit Meerwasser über Feuer oder Glut, bis die Flüssigkeit zu sieden begann und das Wasser vollständig verkochte, sodass am Ende das Meersalz übrig blieb. Diese Art der Produktion erforderte großes Geschick und viel Geduld, erwies sich aber bald als unrentabel.
II. DIE QUALITÄT
Steinsalz wie auch Meersalz enthält neben einer geringen Menge anderer chemischer Verbindungen und Spurenelementen hauptsächlich Natriumchlorid. Dennoch hat Meersalz den Ruf, das bessere Salz zu sein. Ernährungsphysiologisch ist das kaum zu belegen. Ob der Verzehr von Salz gesund ist, hängt von der Menge ab, die man isst. Nicht zu viel Salz soll es sein und auch nicht zu wenig. Dabei ist es zweitrangig, ob es aus Salinen der Adria und des Atlantiks gewonnen oder von Bergleuten im Himalaja oder den Alpen abgebaut wird. Stein- und Meersalz schmecken ebenfalls nicht unterschiedlich. Die zusätzlichen Aromen, durch die einige Salzprodukte bestechen, finden sich hier wie dort. Etwaige Geschmacksnuancen kommen durch Einlagerungen von zum Beispiel Algenresten oder Tonerde zustande. Von der weiteren Verarbeitung des jeweiligen Salzes hängt es ab, ob die ursprünglichen Aromen im Endprodukt verbleiben.
III. DIE AUFBEREITUNG
Bei der Meersalzgewinnung lassen sich Verunreinigungen nicht vermeiden. Das meiste Meersalz, das als Kochsalz in den Handel kommen soll, wird daher zuvor raffiniert, was in gewisser Weise mit einem Waschvorgang zu vergleichen ist. Dazu werden die Meersalzkristalle verflüssigt und zentrifugiert, sodass sich unerwünschte Bestandteile herauslösen. Dabei können aber auch wertvolle Mineralstoffe und aromabildende Substanzen verloren gehen.
Um das raffinierte Salz weißer zu machen, verwenden manche Hersteller künstliche Aufheller. Außerdem werden Trennmittel oder Rieselhilfen ergänzt, damit das Meersalz, das noch bis zu fünf Prozent Wasser enthält, nicht verklumpt. Auch Zusätze wie Fluor und Jod sind verbreitet. Andere Hersteller, zum Beispiel Bio-Produzenten, bieten ihr Meersalz unraffiniert, weitgehend naturbelassen und ohne Zusätze an.
IV. DIE SORTEN
Meersalz ist in feinkörniger und grobkristalliner Form erhältlich. Zu den bekanntesten Meersalzsorten gehört das Sale Marino aus Italien. Mittlerweile gibt es auch als Sale Marino vermarktetes Meersalz vom Atlantik. Skandinavische Meersalzproduzenten haben sogar die Siedetechnik der Wikinger wieder aufgegriffen. Ihr aus der Nordsee eingedampftes Salz verkaufen sie als „Meerschnee“.
Dann gibt es auch das Sel Gris, es bedeutet übersetzt „graues Salz“. Es wird in Salzgärten an der französischen Atlantikküste gewonnen und etwas früher abgeerntet als herkömmliches Meersalz. Sel Gris ist in der Regel grobkörnig und besitzt eine hohe Restfeuchte. Außerdem hat das „keltische Salz“, wie es auch bezeichnet wird, einen gräulichen oder rötlichen Farbstich sowie einen leicht würzigen Geschmack. Verantwortlich dafür sind Schwebstoffe, die bei der Kristallisierung eingeschlossen werden und vom Reinigungsprozess verschont bleiben. Wegen seines speziellen Charakters eignet sich das „graue Salz“ vor allem als „finishing salt“ oder zur Herstellung von Salzkrusten für Fisch- oder Fleischgerichte.
Tiefschwarz kommt eine Meersalzvariante daher, die den Markennamen Lavasalz trägt. Bei den dunklen Kristallen handelt es sich eigentlich um weißes Meersalz aus Hawaii, das im letzten Produktionsschritt mit Vulkanasche versetzt wird. Lavasalz zeichnet ein rauchiges Aroma aus. Es enthält deutlich weniger Natriumchlorid als anderes Meersalz.
Das edelste aller Meersalze heißt Fleur de Sel (dt. „Salzblume“). Sie bildet sich an heißen Tagen: Auf der Wasseroberfläche der Verdunstungsbecken entsteht dann eine hauchfeine Schicht aus frisch kristallisiertem Salz, das vorsichtig mit Holzkellen oder -schaufeln abgetragen wird. Da Fleur de Sel keiner Raffination unterzogen wird, ist es umso wichtiger, dass es aus möglichst sauberen Gewässern stammt. Die „Salzblume“ wird in kleinen Flocken oder Plättchen angeboten.
Aufgrund ihres hohen Wassergehalts sollten dafür nur keramische Salzmühlen oder Mörser verwendet werden. Fleur de Sel wird inzwischen an vielen Orten der Welt produziert, selbst dort, wo man es nicht vermuten würde, etwa in Slowenien und neuerdings auch auf Sylt. Dennoch wird die „Salzblume“ aus Gründen der Vermarktung meistens nur unter der französischen Bezeichnung verkauft. Erfunden hat den poetisch anmutenden Namen (aber nicht das Salz) ein Gelehrter vom Mittelmeer: Der Römer Plinius der Ältere prägte vor 2.000 Jahren in seinen Schriften den Begriff „flos salis“. In gewisser Weise ist also der letzte Schrei unter den Speisesalzen eigentlich ein echter Klassiker.
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