Zwischen Gras und Moos wachsen köstliche Wildkräuter. Bücken statt drauftreten!
Pflanzen, die jahrelang als Unkraut verschmäht wurden, werden von Sterneköchen inzwischen als ernstzunehmende Konkurrenz für Basilikum und Petersilie behandelt. Ein Streifzug durch den Garten der Wildnis.
WILDKRÄUTER
SCHON HIPPOCRATES WUSSTE, wie wohltuend Wildpflanzen für den menschlichen Körper sein können. Auch tausend Jahre später liegen uns die Kräuter noch zu Füßen. Wir müssen sie nur einsammeln und in die Küche tragen. Durch die kulinarische Brille betrachtet können selbst unsere Erzfeinde zu unseren Verbündeten werden: Brennnesseln und gemahlener Erdefeu schmecken in Pesto oder Dips ganz hervorragend, und harmonisieren prima mit Knoblauch oder Zwiebeln. Zarte Löwenkrautblätter, Sauerampfer oder Frauenmantel können Salaten oder Smoothies den letzten Schwung geben. Bei vielen anderen Wildkräutern gilt: weniger ist oft mehr, da hohe Konzentrationen von essentiellen Ölen nicht nur intensiv schmecken, sondern auch intensive Auswirkungen haben. Die medizinische Wirkung von Wildkräutern kommt nicht von ungefähr. Noch wichtiger ist, dass viele Wildkräuter giftige Doppelgänger haben. Daher ist die erste Regel beim Sammeln: nur Mitnehmen, was man eindeutig kennt. Anfänger sollten auf jeden Fall einen Ratgeber lesen und ihn auch dabei haben. Außerdem ist wichtig, wo man ernten geht: vielbefahrene Straßen genauso vermeiden wie Felder, an denen Pestizide gespritzt werden. Wer selber Wildkräuter im Garten, auf dem Balkon oder der Fensterbank zieht, kann absolut sicher sein, dass die Pflanzen sicher sind. Nachdem immer mehr Sterneköche mit Wildkräutern kochen, kann man die Samen inzwischen in vielen Geschäften finden.
WILDKRÄUTER SIND VOLLER ESSENTIELLER ÖLE UND BRINGEN GANZ SCHÖN VIEL GESCHMACK INS ESSEN. DIE JUNGEN BLÄTTER SCHMECKEN IN DER REGEL FRISCHER UND MILDER. JE ÄLTER SIE WERDEN, DESTO SAURER UND BITTERER SIND SIE.
PFEFFRIG
Huflattich – Tussilago farfara – findet man in Europa, Afrika, Asien und Nordamerika. Er liebt lehmigen Boden und seine Blätter sind leckeres Gemüse: in vielen Gerichten sind sie ein idealer Ersatz für Spinat und passen gut in Aufläufe. Es gibt sogar Sushi-Rezepte auf Huflattich-Basis. Wegen seiner wertvollen Inhaltsstoffe wird Huflattich seit der Antike als Heilkraut gegen Erkrankungen der Atemwege eingesetzt.
BITTER
Der weltweit verbreitete Spitzwegerich – Plantago lanceolata – wächst von April bis November an Straßen und Waldrändern. Sein bitter-pilziges Aroma erinnert an Steinpilze und passt sehr gut zu Kräuterdips, Salaten, Pasta und Eierspeisen. Als Kräutertee ist er bewährt gegen Husten und kann genauso wie Huflattich auch als Tabakersatz geraucht werden.
KLEE, ERDEFEU UND LÖWENZAHN
KÜHL
Die würzigen Blätter des Beinwell schmecken fein gehackt in Salaten, Säften, Teigwaren und Omeletts. Kurz angebraten schmeckt auch die Wurzel des Beinwells gut. Obwohl es nur 40 Arten gibt, findet man das Heilkraut von Europa bis nach Zentralasien. Es sprießt überall dort, wo es reichlich feucht ist, an Ufern, auf saftigen Wiesen, in Gräben und Auwäldern. Den Namen trägt Beinwell nicht ohne Grund, es wurde früher gegen Beinleiden fast jeder Art angewendet.
PIKANT
Löwenzahn ist ein Star unter den Wildkräutern. Er schmeckt gut, wenn er wie Spinat gekocht wird. Die jungen, noch milden Blätter machen sich bestens im Salat. Ursprünglich stammt er aus dem westlichen Asien und Europa, allerdings findet man ihn inzwischen auf der gesamten Nordhalbkugel.
HERB
Die zarten Blätter der Scharfgarbe veredeln Salate, Suppen, Kräuterquarks und aromatisieren Essig. Der Korbblütler kommt zwischen dem Polarkreis und den Alpen vor, ebenso im subtropischen Raum und in den gemäßigten Zonen Eurasiens, Nordafrikas und Amerikas. Die heilende Wirkung der Schafgarbe ist legendär: Schon Achilles soll damit seine Wunden behandelt haben.
GROßARTIG: GIERSCHBLÄTTER
Wenn Giersch oder Geißblatt blüht, ist es zu spät. Wir lieben den milden Geschmack der jungen Blätter. Kurz in Olivenöl angebraten passt dieses Heilkraut wunderbar zu Pasta und Kartoffelgerichten.
"Respekt bedeutet zu verstehen, was die Natur bietet"
SAUER
Der saure Geschmack des Sauerklees ist ideal um Suppen, Salate und Nachspeisen aufzupeppen. Gedünstet ist er ein feines Gemüse. Allerdings nur in Maßen: Sauerklee enthält (wie auch Spinat und Mangold) große Mengen an Oxalsäure. Zu viel davon ist nicht gesund. Mit rund 800 Arten fühlt sich der Sauerklee überall dort wohl, wo es feucht und schattig ist.
EIN ECHTER ALLROUNDER
Kapuzinerkresse gedeiht auf der ganzen Nordhalbkugel in feuchter und reichhaltiger Erde. Die Nährwerte sind beeindruckend: hoher Vitamin C Gehalt, Eisen, Kalium, Kalzium, Silikon und Chlorophyll. Es ist nur mühsam, Kresse zu ernten. Entgegen allen Erwartungen brennt Kresse nicht auf der Zunge, weder gebraten noch roh. Ganz im Gegenteil, Kresse passt phänomenal zu Pesto, Fisch, Fleisch und zu Suppen. Am besten schmecken die jungen, zarten Blätter der Pflanze.
DIE OBERSTE REGEL BEIM SAMMELN IST: NUR DIE KRÄUTER PFLÜCKEN, DIE MAN HUNDERTPROZENTIG IDENTIFIZIEREN KANN, DA VIELE WILDKRÄUTER GIFTIGE DOPPELGÄNGER HABEN.
SCHÖNHEITSELIXIR: BRENNNESSEL
Die jungen, aromatischen Blätter wirken entgiftend und festigen das Bindegewebe durch ihren hohen Vitamin C Anteil. Perfekt für einen entgiftenden Smoothie.
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