The Ingredient

DRY AGING ERLEBT EINE RENAISSANCE. FLEISCHSOMMELIER UND METZGERMEISTER DIRK LUDWIG ERKLÄRT, WELCHEN WANDEL EIN STEAK BEI DIESEM AUFWENDIGEN PROZESS VOLLZIEHT.

Dry-Aging-Papst

Dry-Aging-Papst

Köche, die bei Dirk Ludwig gut gereifte Entrecôtes bestellen. Fleischliebhaber buchen bei ihm Seminare und schwärmen von buttrig-nussigen Moschus-Aromen und der ganz besonderen Zartheit seiner trocken gereiften Steaks. Der Metzgermeister aus Schlüchtern ist überregional als Dry-Aging-Papst bekannt. Wir haben mit ihm über die Kunst der Fleischreifung gesprochen.

Herr Ludwig, Dry Aging ist eigentlich nicht neu. Wie erklären Sie sich den plötzlichen Hype?

Trockenreifung ist eine der ältesten Formen, Fleisch haltbar zu machen. Mit dem Siegeszug der Vakuumreifung verschwand die Methode. Manche Dinge müssen erst aussterben, bevor man sie wieder wertschätzt.

Welche Teile vom Rind oder Schwein eignen sich zur Trockenreifung?

Am besten funktioniert es mit großen, fetten Stücken. Ein Rib Eye kann beispielsweise besser gereift werden als ein Filet, denn die dicke Fettschicht schützt das Fleisch davor, auszutrocknen. Nach dem Reifeprozess ist es oft notwendig, die äußere Fleischschicht abzuschneiden, da sie trocken und von Schimmel befallen sein kann. Wenn man also ein mageres Stück Fleisch oder gar ein einzelnes Steak reifen lässt, dann bleibt nicht mehr viel übrig.

Sie lassen Fleisch auch in Mineralwasser reifen. Was hat es damit auf sich?

In der Küchentechnik ist es oft Säure, die das Fleisch zart macht. Sauerbraten wird in Essig eingelegt, Braten in Rotwein, Wild in Milch. So kam mir die Idee mit der Kohlensäure, die im Mineralwasser steckt. Bei einer hohen Kohlensäurekonzentration wird das Fleisch optimal mit Mineralien und Spurenelementen versorgt. Und diese verleihen ihm erst die Zartheit und den leicht mineralischen Geschmack.

Sie haben doch sicher schon wieder neue Ideen, oder?

Auch Champagner oder Kokoswasser haben wir schon getestet. Aber schlussendlich muss das zu einer Verbesserung führen. Im Temperaturbereich gibt es noch einige Möglichkeiten, Neues auszuprobieren. Die Reifetemperatur zu verändern ist ziemlich spannend, weil die Enzyme, die für die Reifung zuständig sind, bei den höheren Temperaturen aktiver sind. Die Dry-Aged-Steaks Porterhouse, Côte de Bœuf und T-Bone entfalten ihren ganz besonderen Geschmack am besten medium rare und benötigen dafür eine Kerntemperatur von etwa 52 bis 57 °C.

Was essen Sie am liebsten zu einem Dry Aged Beef?

Nicht viel. Man möchte schließlich das wunderbar ausgeprägte Aromaprofil des Dry-Aged-Beef schmecken und es nicht mit unzähligen Zutaten übertünchen. Gutes Salz und guter Pfeffer bringen das fertige Steak eigentlich am besten zur Geltung. Dazu ein frischer grüner Salat und gutes Sauerteigbrot, diese Kombination rundet das Menü meiner Ansicht nach am besten ab.

Inzwischen gibt es sogar Asche­Steaks. Wie schmeckt das?

Es gibt in Amerika die sogenannte Caveman-Methode. Dabei wird das Fleisch direkt in der Höhle gegrillt und kommt mit Asche in Berührung. Da haben Steakfans erstmals gemerkt, dass das ein spannendes Aroma ist. Wir haben bei uns viel experimentiert und waren von dem Ergebnis begeistert. Es schmeckt ganz besonders zart und saftig mit einem Hauch von Rauch. Durch die Asche ist das Steak mild gewürzt. Es schmeckt aromatisch und vermeidet so die strengen Duftstoffe die in zu lange gereiftem Dry-Aged-Fleisch manchmal entstehen.

70% Luftfeuchtigkeit

Dry Aging von Rindfleisch ist ein aufwendiger Prozess. In der Metzgerei Ludwig werden die Rinderrücken bei 1 °C und rund 70% Luftfeuchtigkeit in der Salzstein-Carnothek aufgehängt und reifen dann mehrere Wochen. Während des Reifens verliert das Fleisch rund 30% der Ausgangsmasse. Mit dem Feuchtigkeitsverlust intensiviert sich der reine Geschmack. Dieser langwierige Prozess hat seinen Preis. Trocken gereiftes Fleisch kostet rund 70 Euro pro Kilo Rib Eye oder Roastbeef, gute 90 Euro für das Filet.

Die Reifeprüfung

Die Reifeprüfung

7 TAGE: Ab der Schlachtung werden Blut- und Sauerstoffversorgung im Fleisch unterbrochen.

21 TAGE: Das Fleisch hat jetzt 10 Prozent seines Gewichts verloren. Fett und Knochen dichten das Stück ab.

30 TAGE: Frei werdende Enzyme bewirken eine Auflösung der Muskelfaserstrukturen und machen das Fleisch zart.

45 TAGE: Das gute Stück ist dunkler geworden. Freie Aminosäuren haben inzwischen Aromen ausgebildet.

90 TAGE: Weiße Streifen bilden sich auf der Oberfläche. Rund um das Fleisch hat sich eine salzig-harte Kruste gebildet.

Passende Geschichten & Rezepte

Stories

SUPERFOOD MACHT MUH…

Zur Geschichte

Rezepte

ENTRECÔTE MIT BLÜTEN

Zum Rezept

Startseite The Ingredient

REZEPTE & GESCHICHTEN FÜR KREATIVE KÖCHE

Mehr Rezepte, Stories und Tipps & Tricks finden Sie auf der Startseite von "The Ingredient". Schauen Sie rein und lassen Sie sich inspirieren!

Zur Übersicht